Der Nationalpark Jaú am Rio Negro- Riesenotter, Kaimane und eine Anakonda

von Chris Tokple

Da mir meine erste Tour auf dem Rio Negro (im Nationalpark Anavilhanas) in Brasilien so gut gefallen hat, entscheide ich mich hier noch weiter in die Natur einzutauchen. Der Nationalpark Jaú, knapp 200 Kilometer stromaufwärts von Manaus aus bietet dazu die beste Gelegenheit.

Eine verlassene Stadt und Nachweise einer antiken Kultur

Einige Kilometer vor dem Park Jaú befindet sich die seit 1950 unbewohnte Stadt Velho Airão. Hier mache ich mit meinem Guide Valmir einen kurz Halt. Die Stadt wurde im 17. Jahrhundert gegründet, heute sind nur noch mit Bäumen überwachsene Ruinen übrig. Laut einem Mythos wurde die Stadt von Riesenameisen überfallen, woraufhin die Bewohner diese fluchtartig verlassen haben. Mein Guide erklärt allerdings, dass der Verfall der Stadt mit dem Zusammenbruch der Kautschuk-Industrie zu tun hatte. Unweit des Ortes machen wir noch einen weiteren Stopp. An mehreren am Ufer liegenden Felsen zeigt mir Valmir Felszeichnungen. Diese Petroglyphen sollen mehrere tausend Jahre alt sein und von den ersten indigenen Bewohnern stammen.

Artenvielfalt im Nationalpark Jaú

Da die Regenzeit gerade einsetzt, sind einige Abschnitte im Nationalpark schon etwas überflutet. Deshalb können wir mit unserem Motorboot tiefer in den Dschungel eindringen. Insgesamt haben wir Glück, denn wir sehen nicht nur unzählige verschiedene Vogelarten und Flussdelphine, auch mehrere Riesenotterfamilien können wir beobachten. Wenn man sich sehr ruhig verhält, kann man ihnen aus der Nähe beim Spielen, Schwimmen und Essen zuschauen. Nachts gehen wir erfolgreich auf die Suche nach Kaimanen. In der Dunkelheit ist es einfacher, da die Augen dieser Reptilien, die hier bis zu 6m groß werden, das Licht der Taschenlampen unübersehbar reflektieren. Unser Nachtlager schlagen wir an einer lichten Stelle im Wald auf. Eine Plane, befestigt an einigen Bäumen, dient als Regenschutz. Darunter befestigen wir unsere Hängematten. Provisorisch fertigt mein Guide ein Lagerfeuer an, auf dem Reis, Kochbananen und Fisch zubereitet werden. Als Nachtisch gibt es Papaya, Mango und Kekse. Die Nacht, mitten in der Natur, ist ein einzigartiges Erlebnis. Obwohl sich in hunderten Kilometern Entfernung keine Stadt befindet, ist es hier nicht still. Ganz im Gegenteil. Die ganze Nacht lausche ich einem exotischen Konzert. Alle möglichen Tiere und Insekten singen, pfeifen, zirpen und schreien um die Wette. Das Konzert wird nur kurz unterbrochen, als am frühen Morgen ein heftiger Regenschauer vorbeizieht.

Anakondas sollte man nicht wecken

Am nächsten Morgen, nach einem üppigen Frühstück, wandern wir durch den dichten Dschungel zu einem Wasserfall. Da es geregnet hat, ist der mit Laub übersäte Boden sehr rutschig und ich muss aufpassen, nicht auszurutschen. In der Nähe eines Bachs hat Valmir aufgeregt quiekende Otter ausgemacht. Wir versuchen die Otter zu erspähen und bemerken dann überrascht, wieso die Otter so aufgebracht sind. Auf der anderen Seite des Bachs befindet sich eine gewaltige Anakonda. Die Schlange scheint zu schlafen. Wir freuen uns über diese Entdeckung, sind aber auch leicht angespannt. Für mich ist es ein besonderer Moment. Auch für Valmir scheint diese Situation etwas besonders zu sein, denn er macht aufgeregt einige Fotos, bis die Schlange plötzlich aufwacht und langsam ihren Kopf in unsere Richtung dreht. Anakondas können zwar nicht gut sehen, aber mit ihrer Zunge, die sie aus dem Maul schnellen lässt, hat sie uns mit Sicherheit schon gewittert. Deshalb brechen wir vorsichtig auf, um zwischen den mit Lianen bewachsenen Bäumen zu verschwinden.

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